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Werdegang / Presse

Presse und Öffentlichkeit

Kinderschutz ist nicht privat und Kinderschutz ist nichts für Feiglinge!

Die Arbeit der Fachstelle Kinderschutz und Koordination von Hilfen, von Frau Dr. Maucher entwickelt und von 1992 bis 2009 geleitet, war kontinuierlich begleitet von der Presse.

Da ging es zum Beispiel ...

  • darum, dass die engagierte Psychologin dafür abgemahnt wurde, dass sie Kinder schützen wollte, die vom zuständigen Sozialrathaus ungeschützt blieben.
  • um Richtlinien, die als einziges Qualitätsinstrument den Kinderschutz nicht verbessern, oder
  • um das zentrale Thema dieser Fachstelle: die Verdachtsabklärung sexueller Missbrauch.

Im folgenden sollen Ausschnitte zeigen, welche Konflikte es gab und in welchem Klima die Kinderschutzarbeit der
Fachstelle Kinderschutz und Koordination von Hilfen geführt wurde.

Zeitungsartikel

  • 08
    An der Seite der Kinder
    25. Juli 2008
  • 09
    Die Widerständige
    27. Februar 2009
  • 09
    Unabhängigkeit in Gefahr
    2. Juli 2009

An der Seite der Kinder

von Anita Strecker

Sie ist eine gefragte Referentin, wird quer durch die Republik auf Podien, zu Vorträgen und Fortbildungen geholt. Ihre Standards, um Verdacht auf Missbrauch und Kindeswohlgefährdung abzuklären, werden in der Fachwelt anerkannt. Und egal wo Katharina Maucher von ihrer Arbeit und der Frankfurter Fachstelle Kinderschutz und Koordination ("KuK") von Hilfen erzählt, schlagen ihr neidvolle Reaktionen entgegen: "Toll", "so was müsste es bei uns geben", "Frankfurt ist ja das Paradies."


In Frankfurt selbst steht die bundesweit einmalige Anlaufstelle für Sozialarbeiter, Institutionen und Betroffene indes auf der Kippe. Seit dem Start vor 16 Jahren klebt an der Eine-Frau-Fachstelle der Vermerk "KW" - kann wegfallen. Wird der nicht gestrichen, ehe die Psychologin im Juni in Rente geht, hat sich das Vorzeige-Angebot mit dem Kürzel "KuK" erledigt.

Bisher hat Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) beim Personalamt nicht beantragt, den Vermerk zu streichen. Obwohl sie die Stelle erhalten wolle, wie Dezernatssprecherin Manuela Skotnik versichert. "Vor allem die Betreuung externer Expertenteams bei der Verdachtsabklärung von Kindeswohlgefährung soll erhalten bleiben." Wie und was darüber hinaus von der Fachstelle bleibt, lässt die Sprecherin offen. Da im September ein neues Team für Kinder- und Jugendschutz, frühe Hilfen samt Notruftelefon startet, müsse die "KuK"-Stelle erst weitergeschrieben werden. "Das wird wohl nächstes Jahr passieren, wenn wir wissen, ob wir die Stelle halten können."

Schon jetzt scheint die streitbare Kinderschützerin aber offenbar nicht mehr gefragt: An der Konzeptarbeit für das neue Team für Kinder- und Jugendschutz ist sie nicht beteiligt. Unbeantwortet blieb bisher auch ein Brief an Birkenfeld, in dem die Arbeitsgemeinschaft Kinderschutz vor Wochen schon nach der Zukunft von "KuK" gefragt habe, sagt AG-Mitglied Julius Niebergall vom Deutschen Kinderschutzbund.

In der AG sitzen von Kinderärzten über "Frauen helfen Frauen" bis zum Familiengericht etwa 30 freie Träger, Institutionen und Behörden, die in irgendeiner Form mit Kinderschutz zu tun haben, an einem Tisch. Auch eine Errungenschaft von Maucher, sagt Niebergall. "Zur Koordination von Hilfen." Gerade in dem Punkt wäre "KuK" auch für das neue Angebot die ideale Stelle. Das empfiehlt auch Wiebke Wüstenberg, ehemals FH-Professorin und Expertin in Sachen Kinderschutz. "Koordinierende Stellen, vor allem zwischen den Professionen, fehlen generell." Gerade wenn gelingen soll, was die Stadt mit ihrem neuen Kooperationsprojekt von Jugendamt, Familienhebammen und Notruf will: frühe Hilfe und Prävention statt Intervention.Für den Kinderschutzbund-Vertreter wäre es fatal, wenn es "KuK" nicht mehr gäbe. Für ihn steht fest, dass es nur "dieser unabhängigen Instanz" innerhalb des Amtes zu verdanken ist, dass es in Frankfurt bisher keine spektakulären Fälle von Misshandlung oder Kindstötungen wie in Bremen oder Hamburg gab.

Maucher konfrontiert Sozialarbeiter mit ihrem Ansatz als Psychologin und bringt sie zum Perspektivenwechsel. "Und das Geniale ist, dass sie als Expertin sowohl für das Jugendamt ansprechbar ist, Sozialarbeiter begleitet, gleichzeitig aber auch für Leute von Außen da ist, die mit dem Jugendamt unzufrieden sind und damit so etwas wie eine Ombudsfunktion hat", sagt Niebergall. Unabhängig und doch loyaler Teil des Amts: das ideale Kritik- und Frühwarnsystem gegen Fehler oder Betriebsblindheit, "auch wenn sie damit aneckt".

Dass Maucher einigen in der Verwaltung als unbequem gilt, weiß auch die Schulpsychologin Heidrun Abendroth. Aber gerade durch Mauchers unabhängige und bedingungslose Art sei fachlich Hervorragendes herausgekommen. "Das sollte man als Vorteil begreifen."


Kommentar "Maßstäbe gesetzt"

von Anita Strecker

Frankfurt gilt in Sachen Kinderschutz bundesweit als vorbildlich. Was die Psychologin Katharina Maucher mit ihrer Fachstelle für Kinderschutz und Koordination von Hilfen aufgebaut - sich teils gegen alle Widerstände regelrecht ertrotzt hat - setzt Maßstäbe. Dass ausgerechnet diese Arbeit zur Disposition stehen soll, klingt absurd. Passt nicht in Zeiten, in denen Kinderschutz als Top-Thema gilt, und von der Stadt ganz nach oben auf die Agenda gesetzt wurde. Die Versicherung dass Daniela Birkenfeld die Stelle zumindest in Teilen, irgendwie erhalten will, bleibt unbefriedigend. Es bedarf eines klaren Votums für die Arbeit und eines schlüssigen Konzepts. Umso mehr, weil genau das beim angekündigten Kinder- und Jugendschutzteam samt Notruf und Familienhebammen bisher mehr als vage geblieben ist.

Die Fachstelle Kinderschutz, von Maucher aufgebaut und zwangsläufig geprägt, muss nicht bleiben wie sie ist. Aber der fachliche Standard muss es. Das Zusammenwirken von Sozialarbeit, Psychologie, externen Experten oder die Koordination von Hilfen - all das ist nicht irgendwie von irgendwem zu leisten. Höchste Zeit also, Standards festzuschreiben und in ein Arbeitskonzept zu gießen.

Die Widerständige

von Anita Strecker

Wer als sechste von fünf deutlich älteren Schwestern aufwächst, lernt sich durchzusetzen. Notfalls auch, alleine sein Ding zu machen und für sich selbst gerade zu stehen. "Ich hab von zu Hause einiges an Rückgrat mitbekommen", sagt Katharina Maucher, die Buchhändler-Tochter aus Freiburg, und lacht ihr Spitzbubenlachen. Aber auch Kindheit als einen eigenen Wert zu begreifen, den es zu verteidigen gilt.


Standfestigkeit und Widerständigkeit sind wohl auch das letzte, was man der Frau absprechen würde, die in Frankfurt die bundesweit einmalige Fachstelle für Kinderschutz und Koordination für Hilfen ("KuK") aufgebaut hat.

Widerständigkeit, sofern es um Schutz und Wohl von Kindern und um professionelle Qualität geht - der Zusatz ist Katharina Maucher wichtig. Sie weiß, dass sie mit ihrer unbeugsamen, sperrigen Haltung oft aneckt, als Störenfried gilt und im Laufe der Jahre manche ihrer Vorgesetzten im Jugend- und Sozialamt zur Weißglut gebracht hat. Mitte der 80er schreckte sie auch nicht davor zurück, die Stadt zu verklagen, um für ihre Überzeugungen zu streiten.

Ende der 70er hatte die Psychologin und promovierte Erziehungswissenschaftlerin als absolutes Novum einen psychologischen Dienst für neuen Kitas entwickelt, die aus den antiautoritären und frauenbewegten 68-ern entstanden waren. Nach getaner Arbeit wurde sie den Erziehungsberatungsstellen zugeteilt. Abgestellt, sagt sie - und zog vor Gericht. Mit Erfolg: Sie bekam freie Hand, einen psychologischen Dienst im Adoptions- und Pflegekinderwesen aufzubauen, um Familien, aber auch Jugendamtsmitarbeiter zu qualifizieren, mit den oft schwierigen Situationen umzugehen. "Dabei kam oft das Thema sexueller Missbrauch und Gewalt gegen Kinder auf."

Ausgeklügelte Interdisziplinarität

Für die Frau mit dem kurzgeschorenen Bubikopf war es also "logische Konsequenz", ein eigenes Kinderschutz-Konzept zu entwickeln. 1992 beginnt die Eine-Frau-Fachstelle unter dem Markenzeichen "KuK" mit der Arbeit: als niedrigschwellige Beratungsstelle für Kinder, Bürger, Kitas, Schulen und Institutionen, als Anlaufstelle für Jugendamtsmitarbeiter, die sich über schwierige Fälle austauschen wollen, fachlichen Rat, Fortbildungen, Begleitung bei Gericht oder bei Konfrontationsgesprächen mit Tätern suchen oder zum Coaching kommen, um mit der vom Fall unabhängigen Expertin verschiedene Perspektiven und Wahrnehmungen von Wirklichkeit eines Falls zu diskutieren.

Nicht zuletzt hat Katharina Maucher dabei ausgeklügelte, interdisziplinäre Verfahren entwickelt, um den Verdacht auf Gewalt gegen Kinder oder sexuellen Missbrauch abzuklären. Verfahren, die seit Jahren verbindlich sind in der Stadt und bundesweit als Vorbild gelten.

"Menschen stärken - Prävention durch Interaktion" ist Thema ihrer Doktorarbeit und bis heute Leitmotiv. Beharrlich hat sie immer Neues angepackt und sich als unabhängige Expertin im Amt durchgesetzt. Ein exotischer Posten, der die Frau, die auf Hierarchien pfeift, oft in Verruf brachte, Besserwisserin zu sein, die Fälle an sich ziehen und Sozialdienstmitarbeitern sagen wolle, wo es lang geht. Sie hat das ausgehalten, allein das Konstrukt ihrer Stelle als Gegenbeweis angeführt: ohne Weisungsbefugnis, ohne Recht, Fälle an sich zu ziehen. "Ich muss für alle meine Positionen argumentieren und überzeugen. Alles ist Angebot. Die Sozialdienstmitarbeiter entscheiden, was sie wollen und inwieweit ich mich einschalten soll."

Freier Satelit in der Behörde

Sie hat Anwürfe auch nie persönlich genommen, sagt sie, sondern als Zielscheibe immer die Fachstelle gesehen, die als freier Satellit innerhalb der Behörde per se Misstrauen errege. "Ich bin in der glücklichen Lage bin, nicht geliebt werden zu müssen." Professionelle Distanz, nennt sie das, ohne die sie auch die erschütternden Fälle ihres Arbeitsalltags wohl aufgezehrt hätten.

Für heute hat Katharina Maucher, die privat mit ihrer Partnerin gerne lange Reisen unternimmt, Kollegen und Wegbegleiter zur Abschiedsparty in ihr Büro im Jugendamt geladen. Ins Büro, in dem Spielsachen rumliegen, die Schreibtischlampe einen Entenkopf trägt und der Grundrechtsatz an der Wand hängt, "jedes Kind hat ein Recht auf ein unversehrtes Leben".

Die bald 65-Jährige feiert Abschied, obwohl sie bis Juni im Amt ist. Auch das ist typisch. "Man soll zu "KuK" kommen, ehe man am Ende ist", zitiert sie grinsend ein Motto ihrer Arbeit. Den wesentlichen Grund spricht sie nicht aus, wer sie kennt, versteht den Wink des Zeitpunkts: als Signal, dass ihre Arbeit absehbar endet, höchste Zeit also, die Form der Nachfolge zu diskutieren. "Das Unmögliche ist oft nur das unversucht Gebliebene", steht als Sinnspruch auf Mauchers Schreibtisch. Sie lässt nichts unversucht.

Gewalt gegen Kinder - Unabhängigkeit in Gefahr

von Anita Strecker

Ihr Schreibtisch ist leer geräumt, der letzte Arbeitstag verstrichen: Katharina Maucher, Begründerin und 16 Jahre lang Leiterin der Fachstelle Kinderschutz und Koordination von Hilfen ("KuK"), ist aus dem Amt geschieden. Ab Montag soll die Diplom-Psychologin Sigrid Kinzinger die Arbeit fortführen, sagt Heike Tschierschke, Leiterin der Abteilung Besondere Dienste im Jugend- und Sozialamt.


Die Psychologin, die 2001 vom Landesjugendamt nach Frankfurt wechselte und seither in der Grundsatzabteilung für Richtlinien der Jugendhilfe zuständig ist, solle wie gehabt Ansprechpartnerin bei Verdacht auf Gewalt gegen Kinder bleiben und auch amtsintern als fachliche Anlaufstelle für Sozialdienstmitarbeiter bereitstehen. Ebenso für psychologische Begutachtungen und vor allem für das von Maucher entwickelte Konstruktiv-Coaching – eine Art Supervision –, um Sozialdienstmitarbeiter bei der Bewältigung ihrer Arbeit zu unterstützen.

Laut Tschierschke wird es Veränderungen geben. Die Mitabeiterinnen und Mitarbeiter am neuen Servicetelefon des Kinder- und Jugendschutzteams sollen künftig Anrufer beraten, die sich mit einem Verdacht auf Gewalt gegen Kinder melden. Vor allem aber verliert die Fachstelle ihre Einzelstellung innerhalb der Fachabteilung Besondere Dienste und wird dem Kinder- und Jugendschutzteam des Notruftelefons zugeschlagen. Dessen Teamleiterin Apollonia Schmidt wird somit Kinzingers Vorgesetzte.

Keine Degradierung

Eine Degradierung sei dies nicht, beteuert Tschierschke. Auch die bisherige Unabhängigkeit von Fachteams, amtsinternen Hierarchien und allen sonstigen Beteiligten eines Falls, die die Fachstelle in Expertenkreisen besonders ausgezeichnet und glaubwürdig gemacht hat, sieht die Leiterin für Besondere Dienste nicht gefährdet: "Die Stelle bleibt so unabhängig wie bisher, die Leiterin des Kinder- und Jugendschutzteams wird sich nicht einmischen."

Formal kann sie es. Allein das lasse skeptisch werden, sagt Julius Niebergall, Vorsitzender des Kinderschutzbundes, der die Neuorganisation nicht nachvollziehen kann. Zumal Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) im Konzept des neuen Kinder- und Jugendschutzteams dezidiert festgehalten habe: "Eine Zusammenführung des neuen Teams mit der Fachstelle Kinderschutz und Koordination von Hilfen soll ausdrücklich nicht erfolgen, um den psychologisch geprägten Ansatz von "KuK" als besonderes Angebot des Amtes aufrechtzuerhalten."

Genau das habe sich bewährt: Die Solitär-Stellung von "KuK" und der bisherigen Stelleninhaberin Katharina Maucher habe sie nicht nur verwaltungsintern als unabhängige Expertin ausgezeichnet. Maucher sei dadurch auch die einzige Adresse für strittige Fälle gewesen und für Betroffene, die sich vom Jugendamt ungerecht behandelt fühlten. "Eine unabhängige Schiedsstelle ist eine alte Forderung von uns. Wenn die neue Amtsinhaberin einem Fachteam zugeordnet ist, kann sie nicht mehr unabhängig über die Arbeit urteilen."

Wie andere freie Träger in der Arbeitsgemeinschaft "Rechte der Kinder" kritisiert Niebergall, dass Trainingseinheiten, die Maucher bisher im Jugendamt anbot, nach jetzigem Stand unter den Tisch fallen: Dazu gehören Anleitungen, wie man mit Kindern mit Gewalterfahrungen spricht, Konfrontationsgespräche mit möglichen Tätern und Kurse für Fachkräfte, die lernen, wie man sich bei Gericht orientiert und auftritt.

Nicht zuletzt kritisiert er, dass Kinzinger nicht mehr in der AG "Rechte der Kinder" sitzen wird. Als AG-Leiterin habe Maucher Arbeit und Angebote der freien Träger und der Stadt koordiniert und neue Ideen eingespeist. "Als Schnittstelle zur Stadt war sie zur fachlichen Anleitung und Koordination auch für externe Psychologen wichtig", sagt ein Frankfurter Psychologe, der regelmäßig als unabhängiger Experte hinzugezogen wird, um schwierige Fälle zu beurteilen. Bisher sei ihm und seinen Kollegen keine neue Ansprechpartnerin genannt worden. Von der Nachfolgerin wisse er nur, dass sie bisher nicht im Bereich Kindesmissbrauch gearbeitet habe. "Das Thema kann man sich nicht theoretisch erarbeiten, dafür braucht es Praxis."

In die soll Sigrid Kinzinger jetzt einfach starten, sagt Niebergall. Er sieht mit der Neuorganisation eine Chance vertan: "Hätte man die Stelle als Stabsstelle direkt beim Dezernat angesiedelt, wäre dies ein Zeichen gewesen, dass der Kinderschutz in der Stadt eine herausragende Rolle spielt und tatsächlich eine Fortentwicklung von "KuK" gewesen.